Sofortige Vollziehung der Entziehung der Fahrerlau

Sofortige Vollziehung der Entziehung der Fahrerlaubnis

VG Neustadt

Beschluss

In dem Verwaltungsrechtsstreit
wegen Entziehung der Fahrerlaubnis
hier: Antrag nach 80 Abs. 5 VwGO

hat die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße aufgrund der Beratung vom 19. Februar 2008 beschlossen:

Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2 500,- € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die für sofort vollziehbar erklärte Entziehung der Fahrerlaubnis der Klasse BML durch Verfügung der Antragsgegnerin vom 30. Januar 2008 wiederherzustellen, kann keinen Erfolg haben.
Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung in der angefochtenen Verfügung, dass es mit dem öffentlichen Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs unvereinbar wäre, wenn der Antragsteller bis zum Eintritt der Bestandskraft der Verfügung weiter als Kraftfahrzeugführer am Straßenverkehr teilnehmen könnte, nachdem seine Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen gegeben sei, hält sich im Rahmen des 80 Abs. 3 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO -.
Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Entziehung der Fahrerlaubnis überwiegt vorliegend das private Interesse des Antragstellers, von der Fahrerlaubnis bis zur Entscheidung im Verfahren zur Hauptsache Gebrauch machen zu können. Dem Interesse des Antragstellers an dem Erhalt der Fahrerlaubnis steht nämlich das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass Personen, die sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen haben, unverzüglich von der aktiven motorisierten Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr ausgeschlossen werden, wie es die Antragsgegnerin in ihrer Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung dargelegt hat.
Das vorrangige öffentliche Interesse folgt auch daraus, dass sich die angefochtene Verfügung beim gegenwärtigen Sachstand aufgrund der im Verfahren nach 80 Abs. 5 VwGO allein möglichen summarischen Prüfung als offensichtlich rechtmäßig erweist.

Die Voraussetzungen zur Entziehung der Fahrerlaubnis nach 3 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz - StVG - i.V.m. 46 Abs. 1 Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV - (BGBI. I 1998, S. 2214 ff.) sind im gegenwärtigen Zeitpunkt erfüllt. Danach hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies ist hier der Fall. Denn aufgrund des Ergebnisses der medizinischpsychologischen Begutachtung durch die Begutachtungsstelle für Fahreignung des TÜV Rheinland vom 10. Dezember 2007 steht die Ungeeignetheit des Antragstellers zum Führen eines Kraftfahrzeuges zum jetzigen Zeitpunkt, der, da das Verwaltungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist, für die Entscheidung maßgeblich ist, fest.

Nach dem Ergebnis des vorliegenden Gutachtens vom 10. Dezember 2007 ist davon auszugehen, dass der Antragsteller zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Die Gutachter kommen unter "V. Beantwortung der Fragestellung und Empfehlungen" des Gutachtens zu der Einschätzung, der Antragsteller werde auch zukünftig erheblich gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen und empfehlen eine intensive verkehrstherapeutische Maßnahme.

Die charakterliche Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeuges ist nur aufgrund einer umfassenden Würdigung der Gesamtpersönlichkeit zu beurteilen. Sie ist nämlich in besonderem Maße dadurch gekennzeichnet, dass sie kein unveränderliches Persönlichkeitsmerkmal darstellt. Ein wichtiges Hilfsmittel der Erkenntnis, ob Fahreignung gegeben ist, ist eine medizinisch-psychologische Untersuchung. Dieses Hilfsmittel ist deshalb in aller Regel unverzichtbar, da weder die Behörden noch die Gerichte über eigenen Sachverstand verfügen, notwendige medizinischpsychologische Erkenntnisse selbst zu gewinnen, geschweige denn, das Verhalten eines Menschen selbst einer diesbezüglichen Bewertung zu unterziehen

(OVG RP, z.B. Urteil vom 27. Juni 1997 - 7 A 10529/97.OVG -, Fundstelle: ESOVGRP).

Dementsprechend kommt einem sachverständig erstellten medizinischpsychologischen Gutachten ein hoher Aussagewert zu, der nur dann erfolgreich in Zweifel gezogen werden kann, wenn das Gutachten erkennbar Fehler aufweist oder nicht nachvollziehbar ist. Dies ist für das Gericht vorliegend nicht zu erkennen.

Die Gutachter haben nach Darlegung der Voraussetzungen für eine günstige Prognose und der verkehrspsychologischen Untersuchungsbefunde, die die Angaben des Antragstellers zu seiner Lebenssituation, seiner Verkehrsvorgeschichte sowie seine Erklärungen nach entsprechenden Vorhaltungen der Gutachter zu den einzelnen Verkehrsverstößen beinhalten, eine psychologische Bewertung der Einlassungen des Antragstellers vorgenommen. Die Einschätzung der Gutachter, in der extremen Häufung der Verkehrsdelikte komme eine mangelhafte Bereitschaft des Antragstellers zur Normanpassung sowie ein egozentrisches Durchsetzen eigener Impulse und Interessen zum Ausdruck, ist für das Gericht nachvollziehbar. Denn der Antragsteller hat auch nach behördlich veranlassten Maßnahmen zur Verhaltensbeeinflussung (Aufbauseminar 2003, medizinischpsychologische Untersuchung 2004, anschließender Kurs nach 70 FeV) weiterhin gegen Verkehrsvorschriften verstoßen. Er zeigte bei der Diskussion dieser Verstöße ein deutliches Abwehrverhalten, indem er die Ursachen für die Verkehrsvergehen in den situativen Umständen oder bei anderen Personen suchte.

Zwar räumte er nach entsprechenden Rückmeldungen durch die Gutachter das Scheitern dieser Strategie ein. Dies belegt aber auch das Fehlen einer Aufarbeitung der psychischen Auslösefaktoren für sein verkehrswidriges Verhalten. Aufgrund des sehr geringen Einsichts- und Aufarbeitungsgrades und vor dem Hintergrund der intensiven Auffälligkeitsfrequenz gelangten die Gutachter zu dem Ergebnis, der Antragsteller sei nicht zu einer ausreichenden Etablierung und Stabilisierung von Selbstkontrollmechanismen gekommen. Sie empfehlen eine intensive verkehrstherapeutische Maßnahme.
Die Anschaffung eines Navigationsgerätes reicht keineswegs aus, um die aufgrund der Untersuchung empfohlene Maßnahme entbehrlich erscheinen zu lassen oder um sich über die ungünstige Prognose der Gutachter hinwegzusetzen. Mit einem solchen Gerät wären auch nicht alle Verkehrsverstöße des Antragstellers in der Vergangenheit vermeidbar gewesen.

In diesem Zusammenhang ist aber auch zu berücksichtigen, dass es sich um ein mobiles Navigationsgerät handelt, das jederzeit zwecks Vorführung bei der Antragsgegnerin in ein Kraftfahrzeug ein- und anschließend wieder ausgebaut werden könnte. Dass diese Möglichkeit nicht fern liegt, erhellt der Umstand, dass nicht der Antragsteller, sondern ein Freund von ihm dieses Gerät gekauft hat. Ein Grund für die Bestellung durch einen Freund ist nicht ersichtlich und nicht vorgetragen.
Bei erwiesener Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ist die Fahrerlaubnis zu entziehen, ohne dass es auf die Folgen der Entziehung im Privat- und Berufsleben des Betroffenen ankäme (OVG RP, Beschluss vom 11. Juni 2003 -7 B 10872/03.OVG).

Die Kostenentscheidung folgt aus 154 Abs. 1 VwGO.

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